Teil 1 – Einleitung
„Islam und
Wissenschaft gehen Hand in Hand. Selbstverständlich findet man im Islam
Unterstützung und der Glaube ist eine starke Ressource. Und letzten Endes kommt
nach islamischen Glauben alle Heilung nur von Gott allein. Und trotzdem geht
man, wenn es einem schlecht geht, ab einem bestimmten Punkt zum Arzt.“
ich hoffe es geht Ihnen gut. Gerne möchte ich mit einer einfachen und doch bedeutenden
Frage beginnen. Sind Muslime Menschen? Sie schmunzeln… nein ehrlich, denken Sie
einmal darüber nach… sind Muslime Menschen? Ja selbstverständlich werden Sie
sich vermutlich denken, was für eine blöde Frage. Richtig. Und zum Menschsein
gehört es eben dazu, mal krank und mal gesund zu sein. So normal es ist im
Laufe seines Lebens Herzprobleme, Diabetes und Allergien zu entwickeln, so
normal ist es auch für Menschen, Angststörungen, Depression und Abhängigkeiten
zu entwickeln. Warum sollten unser Gehirn und unser damit einhergehendes
Bewusstsein nicht auch krank werden? Unsere Wahrnehmung und Interpretation
von unserer Umwelt nicht in ein Ungleichgewicht geraten? Unter Störungen
leiden. Wenn das unserem Körper passieren kann, warum dann nicht unserem Gehirn,
Teil unseres Körpers.
Stop stop stop… Das ist was anderes. Psychische Störungen
sind nicht normal. Die Depressiven sind nur nicht stark genug. Der Glaube zu
schwach. Keine Geduld oder Hoffnung in Allah. Oder wenn der Glaube doch in
Ordnung ist, dann muss ein Dschinn (1) schuld sein. Ruqya (2), wo finde ich
jemanden der Ruqya machen kann? Psychologen, Therapeuten und Psychiater sind Quacksalber,
wollen einen nur mit Medikamenten
vollpumpen, haben keine Ahnung vom Islam. Und was ist überhaupt der Unterschied
zwischen einem Psychotherapeuten und einem Psychiater? Kuffarmedizin (3)…Wie wollen die mir weiterhelfen? Lies
im Quran und habe Geduld. Ändere dein Leben. Im Forum hat HamudiLöwedesIslams
(2034 Beiträge) doch die Übersetzung der Fatwa von Scheikh Abu Hastenichtgesehen
gepostet wo genau drin steht was man bei Problemen machen darf und was nicht.
Diese und ähnliche Aussagen findet man leider häufig in
Unterhaltungen und Internetforen. Während kein Mensch bei einer körperlichen
Erkrankung wie einem Nierenleiden auf die Idee käme, über Internet zum Gang zu
einem Fachmann abzuraten, finden wir solche „Expertenratschläge“ gehäuft bei
psychischen Leiden. Meist aus gutgemeinter Nächstenliebe. Nicht desto trotz
mit fatalen Folgen für die Betroffenen und deren Umfeld. Denn sie gründen auf
vollkommener Unwissenheit über die Entstehung und Aufrechterhaltung psychischer
und psychosomatischer Erkrankungen. Und woher sollen sie dieses Wissen auch
haben. Dafür muss man Psychologie, Medizin
oder etwas Vergleichbares studiert haben. Islam und Wissenschaft gehen
Hand in Hand. Selbstverständlich findet man im Islam Unterstützung und der
Glaube ist eine starke Ressource. Und letzten Endes kommt nach islamischen
Glauben alle Heilung nur von Gott allein. Und trotzdem geht man, wenn es einem
schlecht geht, ab einem bestimmten Punkt zum Arzt. Ein anderes Verhalten
wäre sogar unislamisch. Aber nur weil man z.B. wegen Diabetes zum Arzt geht,
heisst es ja nicht, dass man nicht weiter Bittgebete machen sollte oder sich
nicht in Geduld üben muss. An seinem Leben arbeitet. Bei psychischen Leiden
und psychosozialen Krisen kann auch ein Imam (4) unterstützen. Neben Beratung bei
islamischen Angelegenheiten, kann er Sie auch über Ruqya informieren, sprechen
Sie mit ihm die Gründe ab. Sie sollten
aber immer auch bei psychischen Leiden eine psychotherapeutische Behandlung in
Betracht ziehen. Unabhängig und / oder parallel zu einer Ruqya.
Vertrauen auf Allah ist wichtig, richtig. Aber auch wir müssen aktiv sein und
alle uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten gewissenhaft prüfen und wenn
nötig nutzen.
Und deswegen habe ich vor, über ein paar Fakten bei psychischen
Störungen und ihre Verbreitung aufzuklären. Mehr dazu im zweiten Teil von Muslim(a) und psychisch krank?
Zum Schluss möchte
ich gerne noch eine Stelle aus dem Quran und zwei Hadithe teilen. Sie sind mir in schweren Zeiten immer Lichter der Hoffnung, Vernunft und Geduld gewesen:
Und Wir fordern von keiner Seele etwas über das hinaus, was
sie zu leisten vermag. Und Wir haben ein Buch, das die Wahrheit spricht; und es
soll ihnen kein Unrecht geschehen. (Quran 23:62)
„Soll ich mein Kamel überhaupt anbinden, wenn ich doch auf Gott vertraue?“ Der Gesandte Gottes (salla-llahu ´alaihi wa salam) antwortete: „Binde dein Kamel an und vertraue dann auf Gott." (Sahih Ibn Habban, Hadith Nr. 731)
Kein Missgeschick betrifft den Muslim, keine Sorge, kein Kummer, kein Schaden, kein Gram, nicht einmal ein Dorn sticht ihn, ohne dass Allah damit etwas von seinen Sünden auslöscht. (Sahih Al-Bukhari, Hadith Nr. 5318)
In diesem Sinne… bis
bald in sha Allah
Euer Dopamin
(1) Dschinn: Nach islamischen Glauben unsichtbare Wesen, die aus Feuer erschaffen sind, über Verstand verfügen und die Welt bevölkern. "Und die Dschinn schuf Er
aus rauchloser Feuerflamme." (Quran, 55:15). Es gibt Muslime und Kafir unter den Dschinn.
(2) Ruqya: Verschiedene Bedeutungen u.a.: Quranheilung.
Zufluchtnahme bei Gott vor einem Übel. Krankheiten mit dem Qur´an und
Bittgebeten (aus der Sunna) heilen. Kann nach islamischen Glauben auch genutzt werden, um Besessenheit
von einem Dschinn zu behandeln.
(3) Kuffar / Kafir: Verschiedene Bedeutungen u.a.: Kafir (plural Kuffar) sind
Personen, die Kufr praktizieren, d.h. Allah und die Gottergebenheit ihm gegenüber (arab.: Islam) verleugnen.
(4) Imam / Hoca: Verschiedene Bedeutungen u.a.: Vorbeter,
Religionsgelehrter, Oberhaupt einer Gemeinde / Moschee.
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